Gedanken zur Nacht

Martha kommt gern in die Tagespflege.
Hier fühlt sie sich zu Hause.
In dieser Runde spielt sich das Leben ab.
Neuigkeiten werden ausgetauscht,
hin und wieder auch mal ein Schnaps.
Fröhlich geht es hier zu.

Dafür macht sich Martha am Morgen gern auf den Weg.
Auch wenn der manchmal schwerfällt.
Das Alter ist nichts für Weicheier,
das hat ihr verstorbener Mann immer gesagt.
Er sollte Recht behalten.

Als ihr Mann damals verstarb, fand sie Trost in der Runde in der Tagespflege.
Mit den Menschen hier konnte sie reden.
Vor allem mit Gerhard.

Eigentlich kommt sie inzwischen auch ein klein wenig wegen ihm.
Gemeinsam sitzen sie an einem der Tische.
Sie verbringen viel Zeit gemeinsam.
Sie teilen die Geschichten und das Leben.
Gerhard ist einer, der zuhören kann,
der auch mal nachfragt.
Neulich hat er sie nach ihrem Lieblingslied gefragt.

Die CD war schnell zur Hand.
Der Lautstärkeregler am Anschlag.
Und sie sangen:
„Griechischer Wein –
Und die altvertrauten Lieder,
schenk noch mal ein.“
Dazu wippten die Füße im Rollstuhl
Und die Erinnerungen stiegen in ihr hoch.
Feuchte Augen und pochendes Herz.
Was für ein Leben.
So ist das mit Gerhard.
Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben,
die Gott schenkt, und die es einfach festzuhalten gilt.

Eine gute Nacht wünscht Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch und aus Weimar.