02.01.2017
Das Herz in Händen halten

Deine Lebensuhr ist abgelaufen. Das hatte ihr der Mann in seiner unnachahmlich herzlosen Art gesagt. Da lag sie an Schläuchen im Bett der Intensivstation. Ihr Herz konnte nicht mehr. Er stotterte und stockte. Das wirbelte alles durcheinander. Wenn das Herz nicht mehr mitmacht, dann war es das, so dachte eigentlich auch sie. Bis sie sich entschloss, locker zu lassen. Mein Herz gehört in Gottes Hand. Sie sagte ihrem Mann, dass er doch bleiben solle, wo der Pfeffer wächst. Den Schwestern sagte sie, sie sollten den Mann nicht mehr auf Station lassen. Mein Herz braucht Ruhe. Sich abrackern für jemanden, der keine Hilfe will – das läuft jetzt nicht mehr. Sie weiß, dass sie sich verausgabt hat. Jetzt braucht sie Hilfe.
Die Klinikseelsorgerin ist eine warmherzige Frau. Ihr kann sie alles erzählen. Das halbe Leben. Viele Tränen rollen. Und die Last wird leichter.
In der Reha lernt sie alles neu. Dass sie auf sich achten kann: Regelmäßig essen. Regelmäßig ruhen. Regelmäßig spazieren gehen. Wie hatte sie das vermisst. Und Briefe schreiben. Sie hatte ja Freunde. Dass sie das vergessen konnte!?!
Ihr Herz beruhigte sich. Sie konnte wieder durchatmen. Zunehmend auch durchschlafen.
Ihr halfen die alten Kirchenlieder. Und die Verse, die ihr die Seelsorgerin vorgelesen hat. „Gott spricht, ich gebe euch ein neues Herz.“ So lässt es Gott den Propheten ausrichten. Jetzt konnte sie es annehmen. Ein Herz, behutsam und lebendig. Sie will darauf aufpassen.
Passen sie gut auf sich auf, wünscht ihnen Ulrike Greim aus Weimar von der Evangelischen Kirche.