25.01.2025
Wort zur Wochenwende - „Geschmeidig und in Liebe“
„Geschmeidig und in Liebe“, das war das Credo unseres Guides, der uns im letzten Sommerurlaub durch die Alhambra hoch über Granada führte. „Geschmeidig und in Liebe“, so ging er mit unserer Touristengruppe um, die wievielte sie an diesem Tag auch für ihn gewesen sein mag; so ging er mit den anderen Gruppen um, die unseren Weg kreuzten, weil mal ein Zeitfenster verrutscht war und es dadurch zu Überholmanövern von Gruppen kam, die schon längst vor uns hätten durch sein sollen. „Geschmeidig und in Liebe“ – das Pendant auf der anderen Seite des Spektrums menschlichen Handelns klingt entsprechend böse, hart und trocken, ich kenne es aus Kinderzeiten: „Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein“. Nie hätte ich in meinem Leben gedacht, dass ich mal diese Zeilen schreiben werde, dass die Zeiten mal so bitter sein würden, dass man geneigt ist zu sagen: „Ja, genauso ist es!“ Wohin man auch schaut, überall scheinen sich die Menschen gespaltener Gesellschaften in unversöhnlichem Hass gegenüber zu stehen. Wo sich gestern noch eher konservative Menschen durch zu viel linken Liberalismus geächtet fühlten, schlägt das Pendel heute mit aller Macht zurück und lehrt nun wiederum die eher Liberalen das Fürchten – eine verträgliche Mitte scheint im jetzigen Momentum nicht vorgesehen. Alle Welt versucht sich in den gewagtesten Erklärungen für den Unbill unserer Zeit – allein, zu Lösungen führen diese offensichtlich nicht. „Prüft alles – und das Gute behaltet“, im Moment denke ich, eine bessere Losung für dieses Jahr hätte es nicht geben können. „Prüf´ deine Gedanken, denn sie werden deine Handlungen; prüf´ deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheiten; prüf´ deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter; prüf´ deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.“ (Nach Charles Reade) Die Entscheidung, gerade in diesen herausfordernden Zeiten, liegt bei jeder, bei jedem Einzelnen von uns: Geschmeidig und in Liebe oder die Holzkeule: Wozu tendieren Sie? Mit der geschmeidigen Liebe sind wir auf der Alhambra übrigens sehr gut gefahren, trotz uns vieler Touristen gab es niemals Stress. Noch ein letztes: Beim Stöbern fiel mir vor ein paar Tagen ein Buch in die Hände, das mit Fitness-Lügen aufräumen wollte. Viele Muskeln, so hieß es da zum Beispiel, seien keinesfalls immer nur förderlich für die Gesundheit, denn sie machten nicht nur den Rücken oft nur hart und unbeweglich anstatt beweglich und geschmeidig! Hört, hört…
Bleiben Sie also behütet und: Geschmeidig!
Pfarrerin Carmen Ehrlichmann