02.11.2024
Gedanken zur Woche - Reformationssonntag
In den Evangelischen Kirchen wird an diesem Wochenende nach dem 31. Oktober der Reformationssonntag gefeiert. 507 Jahre ist es her, dass Martin Luther mit seinen 95 Thesen eine Diskussion über kirchliche Missstände eröffnete. Es ist bekannt, was er damit losgetreten und bewegt hat. Die sogenannten Ablassthesen selbst sind heute jedoch wohl kaum jemandem im Gedächtnis.
Mit seiner ersten These nimmt Martin Luther die allererste Predigt Jesu auf. In seiner Bemühung um Reformation, um Zurückformung der Kirche, besinnt sich Luther auf ihren Anfang. Er besinnt sich schlicht darauf, was Jesus gesagt hat: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an die Frohe Botschaft.“
Ich frage mich manchmal, wie das gewesen sein mag, aus Jesu Mund von der frohen Botschaft, vom Evangelium Gottes, zu hören. Davon, dass es ein Reich der Güte und Liebe gibt, das Himmel und Erde umspannt, über allen Reichen und Gewalten, allen Ängsten und Schmerzen dieser Welt, und dass einer regiert, der die Schuld vergibt, der überall ist und wirkt, auch in unserem Herzen.
Ein jüdisches Sprichwort sagt: „Mit Lügen kommt man weit, aber nicht zurück.“ Ich habe die Richtigkeit dieses Satzes immer wieder bestätigt gefunden, ob in der Kirche selbst, in der Gesellschaft, in der Politik, Wissenschaft und Forschung oder in der Familie und Freundschaft. Nur mit der Wahrheit kommt man zurück an den Punkt, von dem aus es sich lohnt, weiter voranzugehen.
Buße, wie Jesus sie meint, ist Neuanfang, Aufbruch, Morgenluft, über den Schatten springen, nicht im Kreise drehen, umdrehen, nicht resignieren, sondern hoffen, umkehren zum Besseren.
Eine reformatorische These, die wir in unserer Zeit diskutieren sollten, könnte lauten:
Für uns Menschen ist „Fortschritt“, „Höherentwicklung“ selbstverständlich geworden. Wir wollen es nicht wahr haben, dass uns in unserem ganzen Leben „Umkehren“ weiterbringen kann.
Christian Weigel, Pfarrer im Kirchengemeindeverband Saalfeld