22.03.2025
Gedanken zur Woche - Okuli 2025

„Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“

Lukas 9,62

Der Motor brummte verlässlich und zog den schweren Wagen durch den Schnee. Es waren die ersten Tage im Januar 1945. Meine Großmutter saß auf der Beifahrerseite, zwei ihrer Kinder saßen neben dem Fahrer, einem Soldaten, zwei weitere ihrer Kinder im Auto hinter ihr mit ihrer Mutter.

Meine Großmutter blickte durch die vereisten Scheiben in fallende Flocken.  Sie war auf der Flucht. Auf der Flucht vor den Panzern der russischen Armee, die mit ihren Soldaten dabei war, den Ring um die Reichshauptstadt zu schließen. Mein Großvater war zu diesem Zeitpunkt schon gefallen. In den Eiswüsten Finnlands war er begraben. Sie hatte sich entschlossen, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen. Ihr Haus, ihre Vorräte für den Winter.

Es lag hinter ihr. Nun kam es darauf an, den Tag und die nächste Nacht zu überleben. Angekommen, in einer Kleinstadt westlich der Elbe, stapfte sie mit den Kindern und ihrer Mutter durch den Schnee. Es war schon dunkel, als sie an einem Haus klingelte. Meine Tante kann sich noch gut erinnern, wie ein Mann erschien. Hinter ihm stand ein Weihnachtsbaum in der geöffneten Tür. Er hat sie aufgenommen. Er hat sein Zimmer geräumt und ihnen zu essen gegeben. Meine Großmutter war damals 27 Jahre alt.

Warum ich dies erzähle? Weil ich ihren Mut bewundere. Sie hat ihre Hand an den Pflug gelegt und dadurch ihre Familie vermutlich gerettet. Sie war nicht der Vergangenheit verhaftet. Sie hat sie hinter sich gelassen.

Glaube äußert sich in einem tiefen Vertrauen zu Gott. Dieses Vertrauen könnte gemeint sein, wenn wir zum Reich Gottes geschickt sein wollen. Gottvertrauen in schwierigen Zeiten. Sich erinnern aber nicht darin verharren. Warum sollte Gott, der uns bis heute begleitet, das nicht auch in Zukunft tun?

Die Passionszeit erinnert auch an das Leid so vieler Menschen in unserer Welt. Ob in unserer Nähe oder in den Weiten der entfernten Kriege, immer ist nicht egal was wir tun. Jener Mann, dessen Name ich nicht kenne, hat meine Familie aus dem Schnee gerettet. Er hat sie aus der Kälte in die Wärme geholt. Und nicht zuletzt hat er ihnen Hoffnung gegeben, dass eine gute Welt möglich ist.