Caspar Aquila
Im April 1527 wird er schließlich auf eine der Saalfelder Pfarrstellen berufen und beginnt im Sinne seiner Wittenberger Lehrer, Kollegen und Freunde mit der Umgestaltung des kirchlichen Lebens entsprechend den reformatorischen Anliegen. Dabei kommt er mit Saalfeld in eine Stadt, in der mindestens seit 1524 die Anhänger der Reformation den Kurs bestimmten, schon 1524 war die Messe abgeschafft worden. Allerdings darf man sich die damaligen Zustände wohl nicht zu rosig vorstellen, liest man doch in einer frühen Biographie Aquilas: „Als er nun nach Saalfeld kommen / hat er anfänglich eine lautere Barbarey/ ungezogen/ und unverständig Volck im Worte Gottes gefunden / und als er ihm angekündigt / er wollte sie den Catechismus lehren lassen / haben sie nicht gewußt / was es sey.“
Die kommenden Jahre seiner Wirksamkeit sehen immer wieder prominente Gestalten der reformatorischen Bewegung zu Visitationszwecken in der Stadt, Melanchthon, Spalatin u.a. geben sich bei Aquila die Klinke in die Hand und finden schließlich in Saalfeld „eine moderne, der Reformation eng verbundene Stadt“ vor. Nach dem Tod seiner ersten Frau Margaretha heiratet er 1539 erneut (eine gewisse Scholastika Kühn), insgesamt wird er Vater vieler Söhne, bevorzugt gibt er ihnen biblische Namen, was Luther immer wieder dazu veranlasst, Aquila in seinen Briefen zu bitten, die ‚Mutter der Propheten‘ zu grüßen! Als die protestantische Seite 1547 im Schmalkaldischen Krieg unterliegt, die Landkarte Mitteldeutschlands umgekrempelt wird und die siegreiche Seite entschiedene Maßnahmen zur Rekatholisierung des Reiches ergreift, kommt es zu allem Überfluss noch zu tiefen Konflikten unter den Protestanten. Ob und wie weit man sich mit den Folgen der Niederlage arrangieren solle, wann der Fall eintrete, dass man um des Bekenntnisses willen Widerstand leisten müsse, das alles wird heiß diskutiert, Aquila nimmt daran maßgeblich Anteil. Er selbst muss, in Reichsacht gefallen, im September 1548 aus Saalfeld fliehen: Zuflucht findet er zunächst in der Nachbarschaft, auf der Heidecksburg in Rudolstadt bei der berühmten Katharina von Schwarzburg-Rudolstadt, „der Heldenmütigen“, deren Unerschrockenheit Schiller ein kleines Denkmal gesetzt hat (‚Herzog von Alba bei einem Frühstück auf dem Schloss zu Rudolstadt im Jahre 1547‘). Anschließend geht Aquila für drei Jahre nach Schmalkalden.
Im Herbst 1552 kann er nach Saalfeld zurückkehren, wo er, nach weiteren segensvollen Jahren, am 12. November 1560 sein Leben beschließt, wenige Monate nach dem Tod Melanchthons. Nicht nur als Verfasser theologischer Schriften ist Aquila hervorgetreten, auch Liedtexte stammen aus seiner Feder, wie etwa jenes „Ad germaniam“, in dem er Deutschland ermahnt: „Zeuch an ein grobes heeren kleidt / las ab von deinem schinden / von fluchen, schwelgen hab recht leidt / uber so manche sünde /Halt lieb sein Diur (=teures) vnd heilges Wort / das macht dich Selig hie vnd dort / das zeitlich muss vergehen.“