29.10.2020
Weise mir, Herr, deinen Weg

„Weise mir, Herr, deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit“ Diese Worte aus dem 86. Psalm hat er einst als Konfirmationsspruch bekommen. Seitdem begleiten sie ihn auf seinem Weg. Er hat sie manchmal im Hinterkopf und auch oft gesungen. Als Sängerknabe hat er in der Saalfelder Johanneskirche unzählige Male diese Psalmodie mit angestimmt, zusammen mit den anderen.

Was ist mein Weg und was ist Gottes Weg mit mir? Wo finde ich seine Wahrheit? Er hat sich das gefragt mit Blick auf seinen Weg als Christ, damals als frisch Konfirmierter, später als junger Vater, als er sein Kind taufen ließ, als Fragender in Krisen, die nicht ausblieben. Er hatte immer das Gefühl, dass er gut aufgehoben ist in der Gemeinde und die Kirche seine Heimat bleibt, auch wenn er sich wandelt. Die Kirche, die mit Gottes Wort lebt.

Und dann hört er in einem Film einen Juden diese Worte beten. Wieso betet ein Jude mit den Worten seines Konfirmationsspruchs? Die „gehören“ doch ihm! Die hat er in seiner Kirche bekommen. Wieso erklingen sie in der Synagoge? Er ist verunsichert.

Langsam wird ihm klar, dass wir als Christen diese Worte nicht besitzen, sondern sie gemeinsam mit den Juden beten. Das, was wir Altes Testament nennen, ist die Heilige Schrift der Juden. Unsere Psalmen sind jüdische Gebete. Jesus hat sie gebetet, Jesus, der ein frommer Jude war. Und Gottes Sohn ist. Jesus hat mit diesen Worten gebetet und deshalb tun wir Christen es auch. Die Worte verbinden uns. Wir bitten Gott, uns allen seinen Weg zu weisen.

Auf einmal wird der Weg breiter, weil viele ihn mitgehen. Und nach der Wahrheit, in der wir wandeln, fragen wir mit vielen verschiedenen Menschen gemeinsam. Wir als Christen wollen dem folgen, der für uns Weg, Wahrheit und Leben ist, Christus. Mit ihm bitten wir den Vater, uns seinen Weg zu zeigen.

In Thüringen hat ein besonderes Themenjahr begonnen. Dazu haben die Jüdische Landesgemeinde und die beiden großen Kirchen gemeinsam die Initiative ergriffen. Sie werden von der Landesregierung unterstützt. Denn in Thüringen sind die Spuren von 900 Jahren jüdischen Lebens zu entdecken. Finden wir auch in den Kirchengemeinden und an unseren alten Gebäuden im Kirchenkreis Rudolstadt-Saalfeld dafür Zeugnisse?

Sie finden Informationen zum Themenjahr unter:

thueringen.de/juedisches-leben-in-thueringen

kulturerbe.thueringen-entdecken.de