06.08.2021
Wahres Leben

Die vergangenen Monate haben die Welt unsanft aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerufen. Die Menschen bekamen Gelegenheit, im Stillstand ihr bisheriges Leben zu überdenken. Viele konnten Ruhe und Muße finden, sich auf echte Werte zu besinnen, Werte, die sinnstiftend sind. Was in dieser Zeit herauskam, war die Erkenntnis der Trennung der Spreu vom Weizen.

Es ist traurig, dass die Menschen im Alltag am falschen Ort nach dem „wahren Leben“ suchen. Sie glauben, dass all die Dinge, nach denen sie streben, Erfüllung schenken: Beziehungen, Reichtum, Besitz und Erfolg. Aber nachdem sie endlich bekommen haben, was sie wollten, entdecken sie, dass sie noch immer nicht zufrieden sind. Manche jagen so sehr dem Erfolg und dem Geld hinterher, dass ihr Einsatz dafür alles ist, was sie noch interessiert. Und obwohl dieser ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit fesselt, merken sie irgendwann, dass sie immer leer bleiben. Am Ende des Lebens lassen sie alles zurück, was sie sich mühevoll zugelegt haben – und bis zuletzt mangelt es ihnen an Zufriedenheit, Erfüllung, Sicherheit, Frieden und Freude. Sie bekamen nie, was sie eigentlich suchten. Es fehlte ihnen das feste Fundament, worauf sie ihr Leben bauen konnten.

Diese besondere Zeit zeigt auch, dass durchweg zu wenig Wert auf Persönlichkeitsentwicklung gelegt wird. Persönlichkeit hat die Macht, viele Türen zu öffnen, aber Charakter muss sie offenhalten. Zum Umdenken gab und gibt es hinreichend Gelegenheit. Veränderungsbereitschaft bei jedem Einzelnen ist gefragt, eigene Verantwortung zu übernehmen, die Gaben, die jeder mitbekommen hat, für die Gemeinschaft einzusetzen. „Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. Nutzt die Zeit, denn diese Tage sind böse.“ (Epheser 5, 15, 16)

Wer diese herausfordernden Zeiten mit Gott geht, seine Weisungen zur Richtschnur seines Handelns nimmt, der darf erfahren, dass Gott seine Zusagen und Verheißungen treu erfüllt und selbst in dunklen Tälern Auswege weist. Wen ein Unglück trifft, kann wissen, woher er die Kraft bekommt, mit den Folgen fertigzuwerden.

„Was für ein Gott! Sein Handeln ist vollkommen, und was er sagt, ist wahr. Er beschützt alle, die zu ihm flüchten.“ (Psalm 18, 31)

Nur ein Leben, das so geführt wird, verdient den Namen „wahres Leben“, das in Ewigkeit reicht.

Pastorin Elvira Heide
Thälendorf

Beitrag zu „Blick über die Kirchturmspitzen“, Ausgabe Nr. 34