12.02.2022
Septuagesimä

Gnade sei mit euch und Friede….

Liebe Schwestern und Brüder,

es geht um Gerechtigkeit an diesem dritten Sonntag vor der Passionszeit. Um Gerechtigkeit und Gemeinschaft. Große Themen in einer Zeit wie dieser. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, Unrecht ist der Leute Verderben.“ So steht es im ersten Testament unserer Bibel. Aber was ist Gerechtigkeit, was ist Gemeinschaft? Wenn alle das gleich kriegen? Wenn wir nur mit denen verkehren, die so sind wie wir? Erstreckt sich Gerechtigkeit auch auf die, die außerhalb unseres Horizontes leben, ist Gemeinschaft nur möglich in homogenen Gruppen?

Die Texte des Sonntages beleuchten diese Themen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, von ganz unterschiedlichen Situationen her.

Der erste Text erzählt von Gemeinschaft. Jesus sitzt mit seinen Jüngern zu Tisch. Menschen kommen hinzu, die seine Nähe suchen. Zöllner, korrumpiert durch ihren Reichtum, den sie meist durch Zusammenarbeit mit den Unterdrückern beiseitegeschafft haben. Sünder, die ihr Leben individuell auf ihren eigenen Egoismus ausgerichtet haben. Jesus teilt ihre Werte nicht. Aber er weißt sie nicht ab Einen von ihnen ruft er zur Nachfolge. Auch Fromme kommen. Sie nehmen Anstoß an den Anderen. Gemeinschaft mit Menschen, mit denen man besser nichts zu tun haben sollte? Geht eigentlich gar nicht. Jesus entwaffnet sie mit einer überraschenden Wendung. „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht.“ Für mich eine Frage an mich selbst. Zu wem gehöre ich? Mit wem habe ich Gemeinschaft? Mit denen die meine Werte und Meinungen teilen? Oder finden bei mir auch die ihren Platz, die nicht wie ich leben und denken? Die Antwort birgt eine zweifache Hoffnung. Es ist nicht mein Tisch an dem Gemeinschaft entsteht. Denn es ist der Tisch Jesu zu dem die Menschen kommen. Es ist nicht mein Tisch, sondern einer, zu dem auch ich eingeladen bin. Egal ob ich mich als Gerechter oder als Ungerechter verstehe. Ich finde meinen Platz, weil es ein Anderer ist, der Gemeinschaft schenkt.

Im Evangelium wird eine Geschichte erzählt, in der es um Gottes Gerechtigkeit geht. Von einem Arbeitgeber, der Arbeiter für seinen Weinberg einstellt. Immer wieder im Laufe des Tages kommen neue Menschen hinzu und werden zur Mitarbeit eingeladen. Und am Abend bekommen alle den gleichen Lohn. Ungerecht nennen das die, die zwar das Vereinbarte erhalten haben, aber nun erleben wie Andere für kürzere Arbeit den gleichen Lohn erhalten. Sie hoffen auf mehr. In der Geschichte weißt sie der Herr des Weinbergs darauf hin, dass es seine Mittel sind die er verteilt. „Bist du betrübt, weil ich so gütig zu den Anderen bin?“ Jeder bekommt das, was er zum Leben braucht. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Unsere Leistungsorientierte Gesellschaft hat das oft aus dem Blick verloren. Die Frage nach dem, was der Mensch eigentlich wirklich braucht bleibt oft unbeantwortet.

Der dritte Text an diesem Sonntag ist ein Text aus dem Jeremiabuch. Jeremia hat erlebt, wie Selbstgerechtigkeit, Unrecht und Zerstörung der Gemeinschaft in das absolute Chaos führen. Städte und Dörfer sind zerstört, die Gemeinschaft untergegangen. Und er zieht die Konsequenzen. (Text lesen)

Nicht die vermeintliche eigene Weisheit, Stärke und Reichtum sondern Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit sind die Werte Gottes, denen wir folgen sollen.

Was heißt das für mich? Vielleicht zum Ersten, kann ich zu einer Gemeinschaft gehören, die anders ist als ich. Wo Andere Anders denken, wo Andere klüger sind als ich. Eine Gemeinschaft, die mich auch hinterfragt. Zum Zweiten, dass ich mehr erkenne, was Gott mir schenkt. Viele haben mehr, aber noch viele mehr haben weniger. Aber wir alle können eine Gemeinschaft sein, die sich auf den Weg machen sollte. Zu Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit.

Die Pandemie hat uns als Gesellschaft unsere Grenzen aufgezeigt. Unsere Gemeinschaft kann einen Neubeginn wagen. Nicht zurück zu den alten Mustern. Sondern zu mehr Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit. Lassen sie uns nachdenken, lassen sie uns als Gemeinschaft von Menschen unterschiedlicher Anschauungen nach Wegen suchen wie es geht. Buchstabieren wir es im Einzelnen durch. Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit. Amen