05.11.2021
Reichweite Frieden

Gedanken zur Woche

Unter diesem Motto steht die diesjährige 41. Ökumenische Friedensdekade, die morgen beginnt und bis zum 17. November, dem Buß- und Bettag, dauert. Reichweiten spielen heute eine wichtige Rolle. Wie ist die Reichweite meines E-Autos oder meines E-bikes? Wieviel Strom hat meine Batterie noch gespeichert?

Aber wie ist es mit der Reichweite von Frieden. Über der neuen Woche steht als Wochenspruch ein Glückwunsch Jesu aus der Bergpredigt: „Glückselig sind die, die Frieden stiften. Denn sie werden Kinder Gottes heißen.“ (Matthäus 5, 9)

Es gibt den fünffachen Frieden: Frieden mit Gott, Frieden mit sich selbst, Frieden mit dem Nächsten, Frieden mit der Schöpfung, Frieden mit anderen Völkern.

Der Frieden fängt im Kleinen ganz nah an, und reicht in die ganze Welt.

Das hebräische Wort für Frieden „Shalom“ ist sehr umfassend. Es schließt Ganzheit, Vollkommenheit, Gesundheit und Wohlergehen ein. In Israel ist es der alltägliche Gruß, wenn man einem anderen begegnet. Auch der Name der Hauptstadt Israels beinhaltet das Wort Frieden – Jerusalem „Stadt des Friedens“. Leider liegt zwischen Wunsch und Realität eine große Kluft. Um zum Frieden zu kommen müssen dort, wie auch bei uns, Mauern überwunden werden.

Das Wort „Mauer“ regt uns zum Nachdenken an. Wo gibt es heute noch Mauern? Da fallen uns viele Mauern ein: Die Mauer zwischen dem Westjordanland und Israel, die Mauern und Zäune zwischen den USA und Mexiko, zwischen Nord- und Südkorea, zwischen Polen und Weißrussland, auf Zypern oder in der Westsahara, aber auch die Mauern zwischen Jung und Alt, Arm und Reich, Gesunden und Kranken, Ost und West, die Mauern in unseren Köpfen. Wir grenzen uns ab. Wie können wir Mauern überwinden und Frieden schaffen?

Im Herbst 1989 waren es Kerzen und Demonstrationen, die die Berliner Mauer und die Grenze öffneten. H. Sindermann, Mitglied des SED-Zentralkomitees, bekannte später: „Wir hatten alles geplant. Wir waren auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen und Gebete.“

Auch in unserer heutigen Situation der Pandemie, die uns belastet und unser Land spaltet, in einer Zeit des aufkommenden Rassismus und Antisemitismus, braucht es Menschen die Frieden stiften. Wie kann man Frieden in die Welt bringen?

Mit Liebe und Toleranz, durch Orientierung an den Zehn Geboten, durch Gespräche, durch gerechte Politik und Gebete. Dann werden wir auch heute die Erfahrung machen, wie vor langer Zeit König David: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“ (Ps 18, 30)

Dann gilt auch uns der Glückwunsch Jesu „Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen“.

Wenn wir uns für den Frieden einsetzen, im Kleinen wie im Großen, leben wir als Kinder Gottes.


Pfarrer i.R. Günter Dimmler, Königsee