02.11.2020
Reformationstag 2020 – grenzüberschreitend in Gräfenthal und Saalfeld gefeiert

Die Christen in Saalfeld, im Raum Probstzella-Gräfenthal und im Raum Ludwigsstadt feiern den Reformationstag – mit gemeinsamen Veranstaltungen an den Orten des Lutherwegs

Gepredigt hat Martin Luther 1530 in Saalfeld, Gräfenthal und Lehesten – deshalb gehören die drei Orte genauso wie Ludwigsstadt zur Südschlaufe des Thüringer Lutherwegs. Die Kirchgemeinden der Region haben die Veranstaltungen zum diesjährigen Reformationstag gemeinsam und grenzüberschreitend gefeiert. In Gräfenthal trafen sich die Gemeinden aus Lauenstein und Ebersdorf, Gräfenthal und Probstzella. In Saalfeld sprach die Ludwigsstäder Pfarrerin als Gastpredigerin.


St. Marien in Gräfenthal – Gräfenthal, wo Luther 1530 auf dem Weg zum Augsburger Reichstag durchgezogen war und gepredigt hatte

In der Kirche St. Marien in Gräfenthal trafen sich am Samstag vormittag die Kirchgemeinden aus Gräfenthal, Probstzella, Lauenstein und Ebersdorf. Traditionell begehen die Menschen dort seit 2015 den Reformationstag gemeinsam mit einem Gottesdienst und einer Wanderung. In diesem Jahr war es zum letzten Mal in der zuletzt gewohnten Konstellation mit dem Gräfenthaler Diakon Jürgen Wollmann, dem Probstzellaer Pfarrer Bodo Gindler und dem Lauensteiner Pfarrer Johann Beck – denn der geht Ende November in den Ruhestand.
Lebensfreude stellte Diakon Jürgen Wollmann in den Mittelpunkt seiner Predigt als eine Aufgabe für Christen. Der Kirchenchor Probstzella-Gräfenthal gestaltete die Veranstaltung musikalisch sehr stimmungsvoll – und mit großer Freude am Singen.
Im Anschluss an den Gottesdienst machte sich die Wanderwilligen auf den gemeinsamen Weg „in den Westen“ - nämlich zur Thüringer Warte hoch über Lauenstein.

Die Saalfelder Urpfarrei Graba mit der Ludwigsstädter Pfarrerin Jessica Rebekka Pöhlmann als Gastpredigerin

„Wenn Du ein Kind siehst, hast Du Gott auf frischer Tat ertappt“ – dieses Lutherwort wurde beim Reformationsgottesdienst am Sonntag Realität. Denn mit der Taufe von Hedi Elisabeth Heuchel bekam der zentrale Saalfelder Reformationsgottesdienst, der diesmal auf den Allerheiligentag verschoben worden war, in der Kirche in Saalfeld-Graba eine weitere Tiefendimension.
Der Gesprächskreis der Gemeinde hatte ein kleines Lutherspiel vorbereitet, in dem Luthers Leben im Zeitraffer angespielt wurde. Zu erleben war ein kindlicher lernender Lutherknabe und der erwachsene Luther, der mit seiner Frau Käthe und seinem Freund Melanchthon um das rechte Leben ringt.
Der Saalfelder Gottesdienst steht in doppelter Tradition: Denn einerseits lädt der Saalfelder Gemeindeverband zum Reformationstag immer einen besonderen Gastprediger ein. Das war in diesem Jahr die Ludwigsstädter Pfarrerin Jessica Rebekka Pöhlmann. Und damit wurde zugleich eine alte Tradition, die Verbdingung der evangelischen Christen von Saalfeld nach Ludwigsstadt fortgeführt, die schon zu Zeiten der DDR bestand. „Wer weiß schon, wie viele Nägel aus Ludwigsstadt in der Dachrinne der Saalfelder Johanneskirche stecken?“ erinnerte Pfarrerin Christina Weigel an eine der Geschichten des früheren Saalfelder Superintendenten Ludwig Große. Der hatte zusammen mit dem früheren Ludwigsstädter Dekan Friedrich Wiedemann die deutsch-deutsche Kirchenpartnerschaft aufgebaut.
Mit der Ludwigsstädter Pfarrerin wurde nicht nur die nachbarschaftliche Verbindung fortgesetzt, sie nutzte auch gleich die Gelegenheit, den Saalfelder Kantor Andreas Marquardt bei seiner nächsten Chorreise nach Ludwigsstadt einzuladen.
In ihrer Predigt ging sie auf erfrischende Weise der Frage nach, was bedeutet Reformation. Und sie hatte eine Antwort aus dem Religionsunterricht ihrer 7.Klasse mitgebracht. „Es war mutig.“ Mutig, so die Pfarrerin, war Luther. Und noch mutiger seien die Frauen der Reformation gewesen. Furchtlos im Zuge der Erneuerung, die sie angegangen seien. „Erneuerung ist kein einfaches Thema“ – wie sie gerade mit Blick auf die Herausforderungen der Pandemie und die neuen Hygienkonzepte der nächsten Wochen sagte, die beim neuen Lockdown auch auf die Kirche zukommen. Und erinnerte daran: „Gott schenkt uns Furchtlosigkeit“ – mit dieser Botschaft wollte sie die Gottesdienstbesucher schließlich ermutigen.

Saalfeld Schlosskapelle mit Kantor Andreas Marquardt an der Schönefeld-Orghel und Pfarrer i.R. Hans-Jürgen Lange, der 1989 die Orgel miteingebaut hat

Am Tag zuvor hatte Marquardt, Kantor der Saalfelder Johanneskirche, die Reformationsveranstaltung des Vereins Schlosskapelle in der 300jährigen Saalfelder Schlosskapelle musikalisch mit Einspielungen von Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Max Reger und eigenen Kompositionen an der Schönefeld-Orgel gestaltet. Die Veranstaltung „Musik und Texte zur Reformationszeit“ hatten neben der Musik eine weitere historische Dimension. Denn Pfarrer i.R. Hans-Jürgen Lange trug einen fiktiven Brief Martin Luthers aus dem Jahr 1537 an den Gräfenthaler Lehrerkantor Leicht vor. Pfarrer Lange, der in einer beeindruckenden Performance teils drastische und oftmals humorvolle Einblicke in Luthers Denkweise gab, ist nicht nur historischer Lutherexperte – sondern auch Orgelexperte. Denn als gelernter Orgelbauer war er in den 1960er Jahren am Einbau in der Saalfelder katholischen Kirche ebenso beteiligt wie 1989 beim Einbau der Orgel in der Schlosskapelle durch seinen Meister Schönefeld.