26.03.2021
Ostern 2021

Liebe Glaubensgeschwister!

Auf dem Friedhof - mit dem Weinen fängt es an.
Maria steht draußen vor dem Grab, ist außen vor, hat keine Möglichkeit mehr der Berührung, der Begegnung, der Beziehungsaufnahme zu Jesus.
Er ist tot und begraben, die Jünger sind alle nach Hause gegangen, und sie bleibt allein und hilflos zurück.
Kein Wunder, dass sie weint.
Kein Wunder, dass viele Menschen weinen.
Wenn einem das Liebste genommen wird, weint, trauert man.
Doch gerade weil Ostern mit dem Weinen anfängt, verkündet es keine eingebildete fromme Traumwelt.
Im Gegenteil:
Christliche Ostererfahrung nimmt Schweres und Dunkles auf und bewährt sich darin.
Maria steht draußen am Grab und weint – sie ist allein, aber sie bleibt nicht allein.
Sie bleibt zurück, aber sie ist nicht verlassen.
Jemand nimmt sie wahr, redet mir ihr, holt sie heraus aus der inneren Versunkenheit und Trauer.

„Was weinst du?“
Diese anteilnehmende Frage des auferstandenen Christus begleitet die Seinen auch durch alle Jahrhunderte:
Was weinst du?
Wir weinen an den Gräbern, weil Liebstes und Kostbarstes uns genommen wurde.
Wir weinen auch um unser eigenes Leben, das trauriger und leerer geworden ist.
Der auferstandene Christus sieht unsere Tränen, unsere Schwierigkeiten, unser Vermissen und Versagen.
Er will uns beistehen.
Zu dieser Frage gesellt sich auch die andere, die Jesus der Maria stellt:

„Wen suchst du?“
Suchst du dich selbst und deinen Trost und deine Vorstellungen?
Oder suchst du wirklich Jesus Christus - deinen Herrn?
Ostern stellt uns immer auch vor diese Frage.
Und sie ist ein Prüfstein unseres Lebens und Feierns.
Wen suchen wir als Helfer in unseren Fragen und Nöten?
Wen suchen wir zur Erfüllung unserer Wünsche und Ziele?
Wen suchen wir mit unserem oder in unserem Leben?

Da werden viele Antworten zu finden sein – aber nur die eine wird uns zu dem Leben führen, das in der Auferstehung wurzelt und damit über das Leid und die Not hinausblicken kann, über alle Vorläufigkeit und Hinfälligkeit, die unser Leben bestimmen und bedrängen.

„Was weinst du?“
„Wen suchst du?“
Mit diesen Worten, so erzählt das Osterevangelium, redet Jesus am Grab Maria an.
Die Ostererfahrung beginnt im Morgengrau zu dämmern.
Es dauert. Doch dann bricht sich die fröhlich christliche Hoffnung durch allen Schmerz und durch alle Trauer Bahn: Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!

Ihr
Pfarrer Christian Weigel