08.07.2022
Gedanken zur Woche

Liebe Leser,

alles spricht gegen sie: die Tat, die Zeugen und schließlich das Gesetz; am Ende sollen stehen: die Vollstreckung des Urteils und ihr Tod.

So sollte es sein – so steht es geschrieben in den heiligen Gesetzen.

Jesus aber sagt: Nein! Jesus gibt der Ehebrecherin eine zweite Chance; er fragt die, die so selbstgefällig richten: „Seid ihr denn tatsächlich ohne Schuld, seid ihr etwa Heilige, oder seid ihr nur noch nie erwischt worden?“ Wohlgemerkt: Jesus heißt die Tat der Frau nicht gut und er hält die Gesetze, die das menschliche Miteinander regeln sollen, auch nicht für schlecht, Regeln und Bestrafungen müssen sein, aber den Tod für ein Vergehen, dieses Auge um Auge, dieses Zahn um Zahn, das lehnt Jesus ab.

Ich denke, Jesus denkt dabei daran, dass nur Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, Leben gibt und Leben nehmen kann. „Du sollst nicht morden!“, so heißt das 5. Gebot. Nur Gott darf das Leben nehmen, nicht der Mensch. Deswegen lehnt Jesus diese drastische, nicht rückgängig zu machende und diese jede Reue und Buße unmöglich machende Bestrafung mit dem Tod ab. „Kehre um und sündige hinfort nicht mehr!“, mit diesen Worten entlässt Jesus die Frau in ihr zweites Leben.

Liebe Gemeinde, auch wir erleben gerade heute in unserer Zeit einen Wust menschlicher Verfehlungen, das geht vom Verhalten der Kinder im Umgang miteinander, hin bis in die Gewalt durch Attentat und sogar zum Krieg. Und ja: wir alle wünschten uns ganz schnell mehr Moral und ein härteres, strengeres Anwenden der regelnden Gesetze, die unser Staat ja durchaus hat.

Wir wünschten uns, dass hier bei uns endlich gerecht „gerichtet“ würde, auch „nach dem Fleisch“.

Das wollten auch die Pharisäer, die über die Ehebrecherin zu urteilen hatten, „nach dem Fleisch“, d.h. nach menschlichen Maßstäben.

„Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand“, sagt Jesus.

Denken wir bei all unserem Gerechtigkeitsempfinden, bei all unserem Zorn, daran, dass der Grad, auf dem wir Sünder wandeln, ein schmaler ist, weil Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, sich eines Tages als der gerechte Richter erweisen wird, über irdische Richter und Angeklagte.

„Kehre um und sündige hinfort nicht mehr!“, dass diejenigen, die nur nicht erwischt wurden, das ernst nehmen, zum eigenen Heil, das wünschte ich mir.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen allen noch einen schönen Sommer.

Pfarrerin Carmen Ehrlichmann aus Remda