03.05.2018
Gedanken zur Taufe

von Ulrike Eisner

Wenn du ein Kind siehst, dann hast du Gott auf frischer Tat ertappt. (Martin Luther)

Da ist es nun, unendlich erwartet und herbeigesehnt: unser Kind. Eltern können nur staunen über dieses Wunder, das ihnen anvertraut ist. Trotz allem Wissen, wie sich die Menschwerdung vollzieht, ist es doch jedes Mal aufs Neue faszinierend und bewegend, wenn so ein kleiner Mensch das Licht der Welt erblickt.

In unserer Kirche ist es seit langem Tradition, dass die Eltern ihre Kinder zur Taufe bringen. Der festlich mit Blumen geschmückte Taufstein, das sorgsam ausgesuchte Bibelwort als Taufspruch, die Vorfreude der Paten – die Taufe bietet den Rahmen für ein schönes Familienfest, um den neuen Erdenbürger herzlich auf der Welt und in der Gemeinde zu begrüßen.

Dabei ist die Taufe, wenn man es genau nimmt, sogar noch älter als unsere christliche Kirche. Denn obwohl Jesus nicht selbst getauft hat, wurde er von Johannes dem Täufer im Wasser des Jordans getauft. Jesus selbst rief seine Jünger beim Abschied dazu auf, die Menschen zu taufen: „Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19).

Doch warum sollte nun ein Kind – oft noch im Säuglingsalter – zur Taufe gebracht werden? Wäre es denn nicht viel sinnvoller zu warten, bis sich das Kind aus eigenen Stücken für den christlichen Glauben entschieden hat? Bis es selbst Ja sagen kann? Wäre das nicht wahrhaftiger?

In der Taufe wird ein Mensch der Liebe und dem Segen Gottes anvertraut. Sie ist, neben dem Abendmahl, eines von nur zwei Sakramenten, die unsere evangelische Kirche kennt. Sie ist nicht nur Ausdruck der Dankbarkeit der Eltern, die ihr Kind zur Taufe bringen. In der Taufe wird das bedingungslose Ja Gottes zu einem Menschen sichtbar. Kinder werden getauft – ohne dass von ihnen etwas erwartet würde. Nicht der eigene Glauben, nicht der Vorsatz, als Christ ein möglichst gutes Leben zu führen, stehen im Vordergrund. Es ist allein das Sichtbarwerden der unabdingbaren Liebe Gottes zu diesem einen Menschen, das sich in der Taufe vollzieht. Der Täufling empfängt die Taufe völlig passiv – sie ist ein Geschenk.

Mit der Taufe wird der Täufling in die Gemeinschaft der weltweiten Christenheit aufgenommen. In dieser Gemeinschaft darf ein Kind wachsen, sich ausprobieren, Freunde finden, kurz gesagt: leben. Ein Mensch kann sich nur für etwas entscheiden, wenn er oder sie es kennenlernen durfte. Eltern, die ihre Kinder zur Taufe bringen, sind herzlich eingeladen, am Leben ihrer Kirchgemeinde vor Ort teilzunehmen: in Familiengottesdiensten, evangelischen Kindergärten und Grundschulen, bei der Christenlehre, im Konfirmandenunterricht und Jugendfreizeiten wird von der Liebe Gottes erzählt, gesungen und gespielt. Lassen Sie sich einladen, dabei zu sein und die Erfahrung des Glaubens zu machen!

Herzlichst, Ihre
Ulrike Eisner
(Kreisjugendwartin) Foto: Ilka Jost