20.05.2022
Wolken-Gucken und der Blick darüber hinaus

Als Kind hatte ich eine Lieblingsbeschäftigung: Wolken-Gucken!  

Im Gras liegen zwischen dem Haus und der Dorfkirche. Und träumen. Um mich herum das Gebrummel von Käfern und Hummeln. Über mir blauer Himmel mit weißen Wolken - himmlische Verwandlungs-Künstlerinnen. Die langsam und lautlos an der Kirchturm-Spitze vorbeizogen - ohne anzustoßen.  

Wolken-Gucken tut gut! Meine Kindersorgen wurden dabei immer leichter, beinahe schwerelos...

Neulich habe ich wieder auf einer Frühlingswiese gelegen. Den Wolken hinterher gestaunt. Und an den Kirchturm meiner Kindheit gedacht:  

Wie alle Kirchtürme eine Art Zeigefinger nach oben. Auf den Wolken-Himmel. Und darüber hinaus, auf diesen größeren, weiten Himmel...  

Ich habe auch an Menschen gedacht, denen ich diesen Blick darüber hinaus verdanke. Die mir geholfen haben, zu glauben. Die mit dafür gesorgt haben, dass mein Gottvertrauen größer ist als Sorgen und  Ängste. 

Meine Oma war so ein Mensch. Sie erzählte ohne frommes Getue von dem, was ihr Kraft gegeben hat. Neun Kinder hat sie geboren, eins musste sie wieder hergeben. Im Krieg mussten sie fliehen. Oft hatten sie so gut wie nichts zu essen und haben von ihren Gebeten gelebt. Trotz allem: Sie durfte sehr alt werden. Bei ihrem 90. Geburtstag hat sie ihre Kinder gesegnet. So war meine Oma.     

Beim Wolken-Gucken fallen mir noch viele andere ein, von denen ich das gelernt habe: Den Blick darüber hinaus. Glauben ist keine Eigenleistung. Voneinander hören, miteinander beten – das tut gut. Und hilft, keiner Sorge zu viel Gewicht zu geben.    

 

Eine unbeschwerte Nacht                   

wünscht Angela Fuhrmann, ev. Pfarrerin in Gotha.