10.09.2018
Offene Arme

Wer kommt in meine Arme? Wer kennt es nicht, das Spiel aus Kindertagen? Meine Tochter steht einen Steinwurf von mir entfernt. Ein Kinderlächeln zieht sich über ihr Gesicht. Frech grinst sie mich mit ihrer Zahnlücke an. Ein Bein hat sie nach vorn gestellt. Sie wippt vor und zurück. Jetzt rennt sie los. Mit lautem Kichern kommt sie auf mich zu und wirft sich in meine offenen Arme. Volles Vertrauen. Ganzes Risiko. Nicht einen Moment denkt sie darüber nach, was alles passieren könnte. Die offenen Arme sind ihr genug.

Die Pflaster an ihren Knien zeugen wie Trophäen von ihrer Tapferkeit. Die grellen Farben können die blauen Flecken kaum verbergen. Sie kennt den Schmerz nur zu gut. Aber auch das Gefühl wieder aufgehoben und getröstet zu werden. Eben noch geweint und schon wieder mit einem Lächeln auf den Lippen.

Bei mir helfen bunte Pflaster meist nicht mehr. Der Schmerz allein zu sein oder enttäuscht zu werden gräbt sich tief. Keine offenen Arme. Nur harter Asphalt. Die Angst vor dem Sturz ist ein Teil meines Lebens geworden. Da bin ich Mensch und wünsche mir, dass mir einer mit offenen Armen begegnet. Einer, der mir die Tränen trocknet. Bei dem ich Ruhe finden kann und angenommen werde, so wie ich bin.

Um ehrlich zu sein fällt es mir inzwischen schwer, einfach loszurennen. Meist stolpere ich im Leben eher vorwärts. Und doch wünsche ich mir manchmal das Vertrauen, mich einfach in die offenen Arme Gottes zu werfen. Ohne zu zögern und mit einem Lachen auf den Lippen.

Seien sie mutig! Eine gute Nacht wünscht Ihnen Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch aus Weimar