20.04.2017
Namenlose Selbstverständlichkeit

Wie satt er es hatte. Dieses Zählen und Rechnen. Sich am Abend vor dem Einschlafen vor Augen führen, was er an diesem Tag getan oder nicht getan hat. Wie sollte er sich im Schlaf ausruhen wenn die letzten Gedanken sich immer um die Frage nach falsch oder richtig drehten? Wenn er sich allabendlich vor Augen führte musste, was wieder nicht gelungen war. So sehr er sich auch tagsüber gemüht hatte, es blieb dabei: Das Haar in der Suppe fand sich immer. Er würde es nie hinbekommen, über sich selbst am Abend des Tages ein gnädiges Urteil zu sprechen. Sich innerlich auf die Schulter zu klopfen und zu sagen, „Du hast dein Bestes getan.“

Auch heute Abend ging die innere Auflistung los: Frühstückstisch gedeckt, Sara in die Schule gefahren, den Ärger über den Chef runtergeschluckt, der Sekretärin einen Kaffee aus der Pause mitgebracht. Und so weiter, und so weiter.

„Stop“. Ruft er sich innerlich zu. „Hör endlich auf damit. Es schmeckt so fad, dieses sich selbst rechtfertigen. Was ich tue, tue ich gern. Und selbstverständlich. Weil ich ein Mensch bin. Weil ich liebe. Weil ich mich verantwortlich weiß. Weil ich ein Herz und ein Gewissen habe. Weil mir eine freundliche Atmosphäre wichtig ist. Das Selbstverständliche verträgt keine Abrechnung! “

„Gute Werke haben keinen Namen.“ fand Martin Luther. Das bedeutet: Gut sind sie, wenn sie eben von selber geschehen und keinen Applaus brauchen. Wenn sie nur geschehen. Um unserer Menschlichkeit willen.

Eine gute Nacht wünscht Ihnen Pastorin Theresa Rinecker aus Weimar