18.04.2025
Mehr als normal
Vielen passt das nicht mit diesem ernsten Feiertag heute. Noch dazu, weil einer am Kreuz hängt. Da will man doch am liebsten weggucken! Ja.
Aber ich bin trotzdem dafür. Weil ich meine, dass wir diesen Tag brauchen. Für mich – wie für Viele in den christlichen Kirchen – ist es sogar der höchste Feiertag.
Mal unverblümt gesagt: An Weihnachten sich freuen, dass ein Kind geboren wird – das kann jeder. Ostern zusammensitzen, während die Kinder im Grünen herumspringen – auch schön. Genießen Sie das alles!
Nur: Zugleich gibt’s in unserer Welt so viele Orte, wo die Lage mehr als ernst ist; wo man am liebsten weggucken will. Verständlich.
Aber nicht in Ordnung. Wir können doch mehr! Versuchen dazubleiben, wo Menschen leiden. In unseren Gedanken, mit Geld, mit Gebeten, mit praktischer Hilfe. Jedenfalls hoffe ich sehr, dass noch jemand da ist, wenn ich mal verzweifelt keinen Ausweg weiß. Hoffentlich ist für mich und für Sie immer jemand da, der nicht zur Seite guckt, sondern dableibt und mit uns Ausschau hält, bis es irgendwie weitergeht.
Jesus hat das so gemacht. Er hat alles ertragen, bis zum Ende. Und dann hat er immer noch nach den anderen geschaut. In seinen letzten Minuten hat er noch dem, der am Kreuz neben ihm hing, Mut gemacht. Beim eigenen Sterben hat er noch für die gebetet, die ihn geschlagen haben.
Übermenschlich ist das natürlich. Das ist mehr als ein normaler Mensch (je) könnte. Aber für mich manchmal die einzige Chance. Mit diesem Gedanken im Kopf kann ich in allem Unheil der Welt daran festhalten, dass sie heil werden kann. Irgendwann.
Hoffen Sie nicht auch? Eine Gute Nacht wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach