01.07.2022
Liebste alte Dame

Er nennt sie ab und an seine “liebste alte Dame”.

Ganz oft besucht er sie. Äußerlich sieht man ihr das Alter an, aber im Innern ist sie noch ganz jung und frisch. Am meisten schätzt er an ihr die große Weisheit, die sie in sich trägt. Die hat ihn immer wieder überrascht, manchmal auch genervt. Und der eine oder andere Spruch von ihr macht ihn auch wütend. Aber so ist das eben mit alten Damen. Die reden auch Dinge, wonach man sie gar nicht gefragt hat.

Wenn Fulbert Steffensky von der “liebsten alten Dame” spricht, dann meint er damit die Bibel. Er sagt: “Ich liebe es, dass es sie gibt, dass ich nicht mit mir alleine bin, dass ich jeden Morgen, wenn ich in der Bibel lese, diesen fremden Gast bei mir habe.”

Wenn er mit ihr im Gespräch ist, dann hört er auch von den Gesprächen, die unsere Väter und Mütter vor uns mit Gott geführt haben. Von dem, was sie geglaubt und gehofft haben. Dass Gott alle Tränen abwischen wird, dass eine Zeit kommen wird, in der die Völker verlernt haben, wie man Krieg führt und in der die Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet sind.

Ohne solche Hoffnungsworte kann er nicht leben. Wenn er sie hört, dann leuchtet etwas von der Schönheit des Lebens auf. Die braucht er, um durchs Leben zu kommen. Darum besucht er die „liebe alte Dame“ immer wieder. Denn – so ist er überzeugt – man kann auf Dauer nur an etwas glauben, was man schön gefunden hat.

Eine gute Nacht wünscht Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.