27.12.2022
Fünf Minuten bei Josef

Respekt, lieber Josef. Tiefen Respekt.

Du stehst da – fast immer im Schatten. Alles dreht sich um Maria und dieses Gotteskind da in der Krippe auf Heu und Stroh. Und du – wie ein Statist stehst du in der Szenerie.

Deine Verlobte hat ein Kind und es ist nicht von dir.

Ja geht’s noch?! Wirst du das auf dir sitzen lassen?

Klar, heute willst du das nicht entscheiden. Ist alles aufregend genug.

Wer ist gekommen? Ein Engel? Oha! Ach – im Traum. Und was hat er denn gesagt?

Dass dieses Kind von Gott ist? Und dass du dabeibleiben sollst? Das ist herausfordernd!

Was denkt sich Gott?! Das geht doch gegen die Ehre eines Mannes, würde ich mal sagen.

Ach so? Gegen deine nicht? Du nimmst den Engel also ernst?!

Gotteskind, ach so, ja ja. Nun. Wenn das so ist: Respekt, lieber Josef, tiefen Respekt!

Ein Kind anzunehmen, als ob es das eigene wäre – das schaffen nicht viele.

Und dir macht das wirklich nichts aus?

Ach so – Kind ist Kind.

Ja, sicher. Und das zumal.

Aber… Nichts aber? Kein Aber, verstehe.

Was kommt, wird gewickelt.

Und wer am Tisch sitzt, bekommt einen Teller.

Mensch, Josef, so einen wie dich wünsche ich jedem Kind auf der Welt.

Jedem Kind einen Vater, der es behütet und beschützt. Der einfach tut, was nötig ist. Ohne zu fragen, ob sich das je auszahlt. Einfach, weil es der Engel gesagt hat.

Wie? Ah, du musst dich jetzt um den Kleinen kümmern? Klar, da will ich nicht im Weg stehen, Josef. Ciao! Und gute Ruhe und gute Nacht. Und überhaupt!

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.