28.03.2022
Der Ewige

Also diese Tage nach der Zeitumstellung – die machen ihr zu schaffen. Sie wird ja auch nicht jünger. Dass es abends so lange hell ist, ist ungewohnt, aber eigentlich ganz schön. Doch dass es morgens wieder so lange dunkel bleibt, das ist für sie immer wie eine Rolle rückwärts in den Winter. Da können die Vöglein in den Bäumen noch so schön singen.

Sie kommt durcheinander.

Hach, die Zeitumstellung. Wann wird die endlich abgeschafft.

Das einzig Gute ist, dass sie jetzt abends ein bisschen länger im Garten bleiben kann, und am Schluss noch ein paar Minütchen auf der Bank sitzen kann, die ihr der Mann gebaut hatte, weil sie so gerne in den Sonnenuntergang schaut. Weil dann alles ruhig wird in ihr.

Aber sie darf nicht auf die Uhr gucken, sonst muss sie immer so lange überlegen. Ach so, es ist ja eine Stunde später.

Den Blümchen ist die Uhr egal, sie haben die Uhr in ihren Genen, wissen genau, wann sie aufzublühen haben und wann es Zeit ist, schlafen zu gehen.

Wir arbeiten so oft gegen die Uhr, sagt sie dem Mann beim Zu-Bett-Gehen. Und hören nicht auf die innere.

Sie legt die Armbanduhr auf das Nachttischchen und beschließt, die morgen mal wegzulassen. Keinen Stress. Nur der inneren Uhr trauen.

Dann betet sie: Ach Gott, gut, dass Du ewig bist.

Ihr wird ganz warm, als sie sich das vorstellt. Meine kleine Zeit und der Gott der Ewigkeit.

Es ist ihr, als falle sie in eine Riesen-Hängematte.

Eine angenehme Nacht wünscht Ihnen Ulrike Greim aus Weimar