17.08.2017
Arbeitsschuhe

Hässliche Schuhe.
Ganz einfache schwarze Stoffschuhe, zum Schnüren, knöchelhoch, mit leichtem Absatz, Zehen und Fersen offen. Sie sehen aus wie Gesundheitsschuhe, sind bestimmt bequem, und nicht schön.
Es sind Arbeitsschuhe. Früher trugen Kellnerinnen so etwas. Menschen, in diesem Fall Frauen, die bei ihrer Arbeit viel laufen müssen.
Man kann und soll diese Schuhe kaufen: auf der Dokumenta in Kassel. Der großen Kunstausstellung. Ich war dort. Die Schuhe sind ein Kunstprojekt. Neu produziert. In allen Größen.
Ich habe sie anprobiert: Man läuft gut darin. Der Preis ist sehr ok.
Aber mit dem Kauf ist eine Verpflichtung verbunden. Diese Schuhe dürfen nur zur Arbeit getragen werden. Sobald die Arbeit beendet ist, muss man sie ausziehen. Das unterschreibt man beim Kauf.
Ganz einfach. Und gar nicht einfach.
Ich lasse es mir durch den Kopf gehen: Klar, morgens, wenn ich das Haus verlasse und in die Schule gehe, ziehe ich sie an. Sonntags unter dem Talar auch. Aber was ist in der Hofpause, wenn ich im Lehrerzimmer Kaffee trinke? Muss ich sie eigentlich ausziehen. Oder? Wenn ich nach Hause komme und Feierabend habe, haben die Schuhe natürlich auch Feierabend. Obwohl: Dann ist ja noch kochen und Hausaufgaben mit meinen Kindern dran. Freizeit? Oder Arbeit? Spätestens beim Telefonat mit den Eltern einer Schülerin abends muss ich die Schuhe wieder anziehen. Oder?
Ganz schön unbequem, diese schwarzen Schuhe, weil sie die Frage stellen:
Wo bleibt der gesunde Wechsel von Arbeit und Ruhe? Kannst Du Dich auf Deine Arbeit konzentrieren – und wirklich Pausen halten?
Pausieren Sie. Jetzt. Es ist Nachtruhe.