Gedanken zur Nacht

An der Lampe über unserem Küchentisch baumelt seit Silvester ein rotes Papier-Herz. Darauf handgeschriebene Worte:

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Bibelworte, die wie eine Art Überschrift für das Jahr 2024 ausgewählt wurden. Die Herzen lagen auf den Kirchenbänken, zum Mitnehmen. Und nun frage ich mich früh, mittags und abends, was das konkret heißen kann, in meinem Alltag:

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Was heißt das, wenn ich früh meinen Milch-Kaffee trinke, bevor ich los muss zu einer Beratung? Heißt das, alles abnicken? Oder kann das vielleicht auch heißen, dass ich meine Meinung ehrlich sagen kann, aber bitte freundlich?

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. Was heißt das, wenn ich mittags kaum Zeit habe für einen Teller von der Suppe, die noch im Kühlschrank steht?

Weil der Anrufbeantworter blinkt  und ich eigentlich...? Heißt das, sofort zurück rufen? Oder kann das vielleicht auch heißen, dass ich erst mal eine kleine Pause einlegen kann - mir zu liebe?

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. Was heißt das, wenn ich beim Abendessen den Tag noch einmal Revue passieren lasse? Mit allem, was gut war und nicht so gut. Heißt das, ich muss ein schlechtes Gewissen haben? Und dann eine schlaflose Nacht, weil ich - wie alle anderen Menschen auch - kein bisschen perfekt bin? Oder kann das vielleicht auch heißen, dass ich diesen Tag, so wie er war, Gottes Liebe anvertrauen kann? Mit einem Abendgebet - in der Hoffnung auf diese größere Liebe? 

Eine gute Nacht

wünscht Angela Fuhrmann, evangelische Pfarrerin in Gotha