Stadtkirche Rudolstadt
"St. Andreas" / "Zur Ehre Gottes"
Kurzprofil:
Die Rudolstädter Stadtkirche St. Andreas, erhebt sich auf einer leichten Anhöhe, östlich der Heidecksburg. Bereits im Mittelalter befand sich hier ein Sakralbau, der jedoch kleiner gewesen sein dürfte. Die ursprüngliche Lage außerhalb der Stadt und das Andreaspatrozinium weisen durchaus auf eine frühe Erbauungszeit. Auf Grund der überregionalen Bedeutung erhielt die Kirche zahlreiche Stiftungen und Dotationen und konnte im Laufe der Zeit systematisch erweitert werden. Insgesamt wird man einen stattlichen Bau vermuten können, der nach 1450 die Ausmaße der heutigen Kirche aufwies. Eine der ersten großen Baumaßnahmen dieser Zeit war die Errichtung eines neuen Chorhauses. Die lateinische Bauinschrift am westlichen Strebepfeiler der Chorsüdwand lautet sinngemäß: „Im Jahre 1463, am 7. August, ist der Chor der Kirche des heiligen Andreas begonnen und 1475, am 15. Juli, beendigt worden“. Eine Neugestaltung des Innen-raumes, die im Zusammenhang mit dem Choranbau notwendig wurde, erfolgte wohl nach 1460. Die Einführung der Reformation im Jahre 1532 zog schließlich die völlige Neueinrichtung der Kirche nach sich. Unter Graf Albrecht VII. von Schwarzburg, der 1573 Rudolstadt zu seiner Residenz ausbaute, wurden größere bauliche Veränderungen notwendig, zumal die St. Andreaskirche nun den zeremoniellen Anforderungen eines Fürstenhofes genügen musste. Zur Kirchgemeinde der Residenzstadt gehörten nicht nur die Untertanen, sondern auch die Landesherrschaft. Da sie am Gottesdienst gemeinsam teilnahmen, mussten Herrschafts- und Rechtsverhältnisse im Kirchenraum ihren adäquaten gestalterischen Ausdruck finden. Über die liturgische und sakramentale Bestimmung hinausgehend, wurde der Kirchenraum damit ein Ort herrschaftlicher Repräsentation. Unter den Baumeistern Jakob Huber aus Gera und Hartmann Schwimmer aus Rudolstadt ließen die Söhne Graf Albrechts VII., die Grafen Carl Günther, Albrecht Günther und Ludwig Günther I., von 1626 bis 1636 sämtliche Arbeiten an der Kirche vollenden.
Mit der Rudolstädter Stadtkirche entstand im 17. Jahrhundert trotz der Wirren des Dreißigjährigen Krieges ein architekturhistorisch bemerkenswerter Sakralbau. Schon die Außenfassaden mit den qualitätvoll gearbeiteten Portalen machen den landesherrschaftlichen Anspruch deutlich. Der Hallenraum erhielt durch eine aufwendige Ausmalung eine außergewöhnliche Einheitlichkeit: Pfeiler, Bögen und Fenstergewände überzieht eine Art Knorpelwerk, und im Gewölbe wurden große, farbig gefasste Engelsfiguren verankert. Das im Innern verwirklichte ikonographische Programm entspricht dem protestantischen Geist der Zeit. Mit der prächtigen Ausstattung – Altar, Fürstenstand, Kanzel und Emporenanlage – kommt am sinnlichsten der Übergang von der Spätrenaissance zum Barock zum Ausdruck. Im deutschsprachigen Raum erhielten sich nur wenige Baudenkmäler, die eine solch intakte Ausstattung aufweisen.
Dr. Lutz Unbehaun