21.12.2018
Weihnachtswort der Landesbischöfin
"Heimat wird dort, wo Menschen einander begegnen und beistehen"
Die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, stellt in ihrem Weihnachtswort den Heimatbegriff in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung:
Jeder Mensch braucht eine Heimat. Einen Ort, an dem wir uns geborgen fühlen und sicher wissen. Wo Dinge vertraut sind und Menschen uns wohlgesonnen.
Was Heimat bedeutet, wird spätestens dann deutlich, wenn man sie verlässt oder verliert. Das erleben Menschen auf der Flucht. Zurzeit ist ihre Zahl weltweit größer als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wo sie hinkommen, sind sie fremd. In unserem Land versuchen viele, ihnen eine neue Heimat zu geben. Andere fühlen sich bedroht und fürchten: Wer hier eine neue Heimat sucht, bringt unsere alte Heimat in Gefahr.
Auch Maria und Josef sind fern von ihrem Heimatort. Geradezu heimatlos wirken sie auf mich, die Menschen der Weihnachtsgeschichte: Maria und Josef sind unterwegs. In Bethlehem finden sie keine sichere Unterkunft, sie finden lediglich einen Stall. Hier muss die Hochschwangere entbinden.
Auch die Hirten sind Gesellen ohne Heimat. Sie leben wie Obdachlose, selten haben sie ein Dach über dem Kopf. Das macht sie verdächtig. Sie werden misstrauisch beäugt, oft als Schafdiebe verunglimpft.
Diese Heimatlosen bringt Gott zusammen. Als die Hirten kommen und mit den jungen Eltern das Kind in der Krippe bestaunen, da entsteht ein heimatlicher Raum. Ihre Zu-Neigung schafft Geborgenheit, schafft Heimat in dieser einen Nacht. Der Himmel öffnet sich und die Engel, Wesen aus einer anderen Wirklichkeit, schützen dieses besondere Miteinander von oben. Sie singen davon, was Heimat ausmacht: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“.
Das ist Heimat, darin bildet sich Heimat: In guten, heilen Beziehungen zwischen Gott und Mensch und zwischen den Menschen. Geborgenheit, Beheimatung ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Heimat wird dort, wo Menschen einander begegnen und beistehen. Da öffnet sich über ihnen der Himmel, ja, Gott selbst nimmt Wohnung unter den Menschen.
Dieses Geschehen der Heiligen Nacht vervielfältigt sich bis heute. Jetzt in den Tagen des Weihnachtsfestes in gegenseitigen Besuchen und in der Hilfe für Notleidende. Dann auch im neuen Jahr. Ein heimatlicher Raum entsteht, wenn Menschen einander begegnen und respektieren, einander Hilfe und Unterstützung sind, teilnehmen an Leid und Freude der anderen.
Jedes Mal, wenn wir so zusammen kommen, ist der Himmel offen – und die Engel jubeln und singen: Friede auf Erden!
Ich wünsche allen Menschen in unserem Land ein friedvolles und frohes Weihnachtsfest!