28.08.2018
Notfallseelsorge erhält Geschäftsstelle

Versorgungsteams in Zukunft mehr gefragt

Der Freistaat Thüringen schloss mit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) eine Vereinbarung zur Einrichtung einer Koordinatoren-stelle für die Psychosoziale und seelsorgerliche Notfallversorgung (PSNV) ab. Demnach wird die ehrenamtliche Leitung der Landeszentralstelle Psychosoziale und seelsorgerische Notfallversorgung (PSNV) ab 1. Januar 2019 durch eine hauptamtlich besetzte Geschäftsstelle (Ständige Geschäftsstelle) beim Innenministerium unterstützt. Sie ist der Landeskirchlichen Pfarrstelle für Polizei- und Notfallseelsorge zugeordnet.

„Die bisher ausschließlich ehrenamtlichen Strukturen im Bereich der Notfallversorgungsteams haben sich bewährt. Dennoch müssen wir vor dem Hintergrund der Sicherheitslage und den drohenden Folgen des Klimawandels das bestehende System stärken“, erklärte heute zur Vertragsunterzeichnung (27. August) Innenminister Georg Maier. „Es ist zu befürchten, dass die Notfallversorgungsteams in Zukunft eher mehr als weniger Aufgaben zu bewältigen haben“, ergänzte der Minister. „Unglücke wie damals in Bad Salzungen haben gezeigt, wie wichtig eine professionelle Betreuung der Kameraden und Einsatzkräften ist. Es ist unsere Verantwortung, sie in diesen Notlagen psychisch nicht allein zu lassen und das System der Notfallseelsorge zu stärken“, betonte der Innenminister.

Die Präsidentin des Kirchenamtes der EKM, Brigitte Andrae, verweist darauf, dass sich in den vergangenen Jahren die Herausforderungen für Not-fallseelsorge und Krisenintervention maßgeblich erweitert haben. „Die Sensibilität ist gewachsen und Beratungsanfragen von Einsatzkräften nehmen zu. Grund dafür sind auch die gewachsenen Herausforderungen durch Terrorgefahr und Großschadenslagen. Deshalb ist die Stärkung des Aufgabenfeldes von PSNV folgerichtig. Wir freuen uns, dass wir uns als Kirche an den Schnittstellen solcher gesellschaftlichen Herausforderungen einbringen und mit unserer Kompetenz zur Verfügung stehen können“, so die Präsdentin. Dies komme den Überlebenden, Angehörigen und Hinterbliebenen sowie den haupt- und ehrenamtlichen Kräften im Einsatzwesen zugute.

„Diese Stelle entlastet die Ehrenamtlichen von Zusatzaufgaben wie Verwaltungsvorgängen und erleichtert ihr Wirken immens“, sagt Jochen M. Heinecke, Landespfarrer der EKM für Polizei und Notfallseelsorge. Er lobt den Freistaat, der die Seelsorge deutlicher als in anderen Bundesländern offiziell in die Notfallbetreuung integriert. „Das ist nun ein weiterer Fortschritt“, so Heinecke.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland erhält vom Innenministerium für Personal- und Betriebs-Kosten der Geschäftsstelle jährlich 78.000 Euro.

Im Freistaat Thüringen gibt es derzeit etwa 20 kirchliche beziehungsweise private Kontaktstellen für Notfallseelsorge. Etwa 250 Ehrenamtliche sind in Notfallversorgungsteams tätig.

Hintergrund:

Die Psychosoziale und seelsorgerische Notfallversorgung (PSNV) in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren sehr dynamisch in Forschung und Praxis weiterentwickelt und ist vielerorts grundsätzlicher Bestandteil der Versorgungsstruktur nach schweren Not- und Unglücksfällen. Kriseninterventi-on/Notfallseelsorge ist ein Dienst, der Menschen, die durch Unfall oder Krankheit unfreiwillig in akute, das persönliche und soziale Leben erschütternde Notlagen geraten sind, psychologischen und religiösen Beistand anbietet. Dies können neben den Betroffenen und deren Angehörigen auch die Einsatzkräfte wie Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizei sein. Dieser Dienst kann als Vorsorge, Intervention und Nachsorge erfolgen. Notfallseelsorge versteht sich als verpflichtender Teil der Gesundheitsvorsorge und Aufgabe jedes Arbeitgebers, insbesondere in Bereichen mit psychisch belastenden Einsatzsituationen im beruflichen Alltag (z. B. Polizei, Berufsfeuerwehr, Rettungsdienst, THW). Hierzu gibt es seit Jahren belastbare Systeme in Thürin-gen (z.B. Landespolizeipfarrer etc.).

Bei Rückfragen:

Ulrike Spengler, Referentin der EKM für Notfallseelsorge, 0361-51800332

Symbolfoto: epd-Bild Simone Viere