12.03.2022
Gedenke!

Gedanken zur Woche – 12.03.2022

Morgen ist der 2. Sonntag in der Passions- und Fastenzeit. Er trägt den alten lateinischen Namen „Reminiszere“ – Gedenke! Die Erinnerung spielt in unserem Leben eine wichtige Rolle. Wer sein Gedächtnis verloren hat, treibt orientierungslos durchs Leben. Die Erinnerung an Bezugspunkte und -personen ist wichtig wie das Beispiel eines Jungen aus einer ersten Klasse zeigt. Bald nach Unterrichtsbeginn fing der Kleine an zu weinen. Nachdem der Lehrer auf ihn aufmerksam geworden war, erkundigte er sich nach dem Grund seiner Tränen. Der Junge wollte aber zunächst nicht heraus mit der Sprache, rieb sich mit beiden Händen die Augen und schluchzte nur. Der Lehrer erforschte weiter geduldig den Grund und bat ihn, doch zu sagen, was ihm weh tue. Da fasste der Kleine Mut, sah zu ihm auf und sagte: „Ich habe vergessen, wie meine Mutter aussieht.“ Da lachten die Mitschüler alle laut. Der Lehrer aber verstand das Kind sofort und sagte zu ihm: „Ah, das Gesicht deiner Mutter hast du vergessen! Das ist freilich schlimm. Geh nur gleich heim und schau wie deine Mutter aussieht!“ Der Junge durfte also wieder nach Hause gehen und seine Mutter anschauen. Zufrieden kam er zurück in die Klasse.

Erinnerung ist für unser Leben wichtig: Wo kommen wir her? Was hat unser Leben geprägt? Wer hat uns begleitet? Wer hat es gut mit uns gemeint? Auf dem Weg durch die Wochen der Passionszeit sollten wir uns Zeit nehmen zur Rückbesinnung. Vieles verdanken wir unseren Eltern, dem Ehepartner, guten Freunden. Vielleicht entdecken wir bei dieser Rückschau auch Spuren Gottes in unserem Leben. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch unser Leben. Hoffentlich haben wir diesen Faden nicht irgend wann einmal abgeschnitten, weil wir ihn für überflüssig oder einengend hielten. Eine Spinne kann uns da ein warnendes Beispiel sein: Sie hatte den ganzen Tag über ihr Netz in einem Gebüsch ausgespannt. Als es Abend geworden war, lief sie es noch einmal ab, um es auszubessern. Da entdeckte sie auch wieder den Faden nach oben, an dem sie heruntergestiegen war. Sie hatte ihn in ihrer Geschäftigkeit ganz vergessen. Es fiel ihr auch nicht mehr ein, wozu sie ihn gebrauchen könnte. So hielt sie ihn für überflüssig und biss ihn kurzerhand durch. Sofort fiel das Netz mit ihr in die Tiefe, wickelte sich um sie und erstickte. sie.

Erinnern wir uns an unseren „Lebens-Faden“ zu Gott. Sollte er abgerissen sein, können wir ihn neu knüpfen. Gott ist barmherzig, d. h. sein Herz schlägt für die Armen, auch für die, die die Verbindung zu ihm verloren haben. Der Psalmbeter erinnert Gott daran: „Reminiszere – Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit!“ (Psalm 25, 6) Gott lässt uns nicht abstürzen. Er gibt uns eine neue Chance. Auf unserem Weg zu Ostern hin, erinnern wir uns an Jesus Christus, an sein Leiden und Sterben. Er ist am Kreuz für uns gestorben, damit der „Lebensfaden“ zu Gott wieder geknüpft wurde. Und er ist auferstanden, damit unser Leben nicht an einem seidenen Faden hängt, sondern wir durch ein dickes Rettungsseil auch in schwierigen Zeiten vor dem Absturz bewahrt werden. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.