Einzug
"Schnürlein, Perlen, goldene Fahnen - der Messias, Sohn Davids, sitzt ganz vorn. Er hält einen Becher in der rechten Hand, macht einen Segen über das ganze Land. Amen und Amen, das ist wahr, der Messias wird kommen, noch in diesem Jahr!" Es ist ein hymnisches Lied, "Shnirele perele", ein Lied des osteuropäischen Judentums, welches die Ankunft des Messias und damit die Rettung aus irdischen Nöten beschreibt. Da wird die kommende Zeit schon zum gegenwärtigen Heil.
In unseren Gemeinden feiern wir kommenden Sonntag Palmarum, die Ankunft und den Einzug des Messias in Jerusalem, von dem alle Evangelisten berichten. Nicht hoch zu Ross, sondern auf einem Esel kam er geritten. Auf Augenhöhe, bescheiden, aber mit höchster prophetischer Autorität. Wir wissen, nach dem „Hoschia’na – errette uns!“ der Jubelnden erklang bald das "Kreuzige ihn!" der Hasserfüllten. Das holt uns zurück auf den Boden der menschlichen Tatsachen. Auferstanden ist er für diese und diese.
Auf den großen Palmsonntagsprozessionen im Eichsfelder Heiligenstadt liegt bereits der Ernst der eingeleiteten Karwoche und erinnert an die Prozessionen in südlicheren Ländern.
Und doch ist die Freude des Auferstehungs- und Osterfestes nicht aufzuhalten und manche bunten Eier halten es einfach nicht mehr bis zum Ostersonntag in ihren Pappschachteln aus. Das Ertragen der Passion fällt schwer.
Ich muss zugeben, ich bin keine Freundin von kollektiven Gefühlen, aber der Heilsplan Gottes richtet sich an die ganze Welt. Das ist revolutionär. Er nimmt uns unmittelbar zusammen, im Sehen unserer Grenzen, in Freude seiner Barmherzigkeit und im einstimmigen oder auch mehrstimmigen Jubeln seines Kommens.
Es ist etwas, was geschieht. Uns geschieht. Er kommt. Gewiss! Noch dieses Jahr!
Darum - "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, ..." - eine gesegnete Karwoche!
Sabine Wegner