01.03.2016
Vergebung to go?

Ich sitze beim Mittagessen, als es klingelt. Ich geh zur Sprechanlage und melde mich.

Eine unbekannte männliche Stimme fragt ungeduldig:
„Wie oft muss ich das Vaterunser beten, bis Gott mir vergibt? Dreimal?“

Ich bin sprachlos. Suche nach einer Antwort. Doch der Mann kommt mir zuvor. Bedankt sich säuerlich und verschwindet. Als ich vor die Tür schaue, ist niemand mehr zu sehen.

Ich brauche eine Weile, um mich zu sortieren. Und finde ich es unfair, mich so zu überfallen. Ohne sich auch nur ansatzweise vorzustellen. Ich bin doch keine Maschine, die jede Frage auf Knopfdruck beantworten könnte.

Wie erst recht Gott keine Vergebungsmaschine sein dürfte. Drei Vaterunser gebetet und zack – alles ist wieder okay? Egal, was du verbockt hast: Vergeben und vergessen? Vergebung to go? So billig ist das doch wohl nicht.

Und überhaupt: Hat Gott so etwas nötig, solche abgezählten Wiedergutmachungsprogramme? Stellt Gott Bedingungen? Rechnet Gott auf und rechnet Gott ab?

„Vergib mir meine Schuld!“ reicht. Ehrlich gebetet ist das viel.
Und über die Geschichte reden. Mit jemandem, der mir dann noch zusagen kann: „Gott vergibt dir deine Schuld.“ Das ist eine starke Sache. Als wenn dir jemand einen Rucksack von den Schultern nimmt.

Aber kann man das durch eine Telefonsprechanlage machen? Besser ist doch wohl direkt. Damit es wirken kann.

Eine gute Nacht! Und dass nichts drückt,
wünscht Ihre Angela Fuhrmann,
Pfarrerin von der Ev. Kirche in Gotha