28.08.2018
Narben erzählen Geschichten

Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag in meiner Grundschulzeit. Den Nachmittag im Hort. Hausaufgaben waren gemacht, jetzt wurde gespielt. „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann.“ Einer war der Fänger, der „Schwarze Mann“ und stand den anderen in einigen Metern Entfernung gegenüber. Er rief „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“ und wir antworteten „Niemand!“ „Und wenn er kommt?“ „Dann kommt er halt“. Dann sind wir losgerannt und haben versucht auf die andere Seite zu gelangen, ohne vom Fänger gegriffen zu werden.

Ich habe mit größter Hingabe gespielt, nur nicht gefangen werden. Ich bin so schnell gerannt, dass ich vor dem Tor auf der anderen Seite nicht mehr stoppen konnte und voll mit dem Kopf dagegen gerannt. Ergebnis: eine Platzwunde, die heftig blutete und genäht werden musste. Zum Glück, ist alles verheilt. Ich bin vor Schlimmerem bewahrt worden, Gott sei Dank. Aber eine Narbe ist geblieben, mitten auf der Stirn. Bei jedem Frisörbesuch wurde ich gefragt: Was hast du denn da gemacht? Ich habe die Geschichte immer und immer wieder erzählt, manchmal auch heute noch.

Es blieb nicht bei dieser einen Narbe. Noch manche habe ich mir geholt. Körperliche, auch seelische. Sie gehören zu mir. Zu jeder kann ich eine Geschichte erzählen. Die meisten sind gut ausgegangen.

Unversehrt geht niemand durchs Leben. Gut, wenn Verletzungen heilen. Wenn jemand da ist, der schützend die Hand über uns hält.

Bleib bei uns Gott in dieser Nacht. Das bittet Pfarrerin Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.