17.04.2024
Der Mond und was er zu sagen hat

Was glauben Sie, wer das berühmteste Gedicht geschrieben hat, das die meisten Menschen in Deutschland kennen? Goethe oder Schiller? Matthias Claudius war es. Der ist zwar lange nicht so bekannt wie die anderen beiden. Sein „Abendlied“ aber kennen fast alle. „Der Mond ist aufgegangen“ – so beginnt es und bestimmt wissen Sie, wie es weitergeht mit den Sternlein „am Himmel hell und klar“. Die Strophe, in der der Himmel halbdunkel bleibt, mag ich aber noch mehr: „Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.“ 245 Jahre ist es her, seit Matthias Claudius das veröffentlicht hat. Aber ich würde die Welt heute gerne mehr so betrachten wie er damals seine: dass die Natur uns was zeigen kann übers Leben. Der Mond sagt mir: Fang an, die Dinge zu hinterfragen. Bleib nicht beim Offensichtlichen stehen, bei dem, was alle meinen. Lass dich nicht von Oberflächen verlocken zu voreiligen Schlüssen. Fast alles hat eine Kehrseite und immer gibt es Details, die nicht gleich sichtbar sind. Wenn du auch die kennenlernen willst, musst du gelegentlich deinen Standpunkt ändern. Als würdest du mich von woanders anschauen. Es ist anstrengend, sich in Bewegung zu setzen, das weiß ich. Aber es lohnt sich. Überall gibt’s mehr zu entdecken, als es zuerst den Anschein hat.

Dass der Mond Sie heute Nacht sanft bescheint, wünscht Milina Reichardt-Hahn, Pfarrerin in Fambach