28.02.2023
Aus der Tiefe

Drei Stufen steigt Britta hinab in die Altneu-Synagoge in Prag.
Ein jüdisches Gotteshaus - Jahrhunderte alt.
Jetzt muss Britta den Kopf einziehen.
Es geht nach unten.
Das ist typisch für jüdische Gebetshäuser.
An der Wand steht ein Wort aus der Hebräischen Bibel.*
In Psalm 130 heißt es:
„Aus der Tiefe rufe ich zu dir, HERR.“

Britta hält kurz inne,
diese Tiefe kennt sie nur zu gut.
Seit Jahren geht es für sie immer nur bergab.
Erst die Arbeitslosigkeit,
dann die Privatinsolvenz.
Im letzten Jahr ist dann Jochen, ihr Lebensgefährte, verstorben.
Das war der Tiefpunkt.
Da war nur noch Leere.
Einsamkeit.
Jetzt konnte es tiefer nicht mehr gehen.
Hier in der Synagoge kommt jetzt der Gebetsraum.
Aus dieser Tiefe haben vermutlich schon viele zu Gott gerufen.
Sie setzt sich auf einen der Stühle.
Würde sie eigentlich jemand vermissen,
wenn sie nicht mehr da wäre?
Wie viele haben hier unten vor ihr so gedacht.
Und wie viele haben es Gott geklagt und gebetet?
Hat Gott womöglich genau hier seine Ohren?
In der Tiefe?

Gott, sei heute Abend bei allen Menschen,
die es in diesen Tagen schwer haben,
die aus der Tiefe zu dir rufen.
Hilf ihnen auf und erhöre ihr Gebet.

Betet Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch und aus Weimar.