17.06.2023
Gedanken zur Woche - 2. Sonntag nach Trinitatis
Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid…
„Das Tagesdings schaue ich schon lange nicht mehr. Kommt doch eh immer dasselbe. Es geht eh alles den Bach runter.“
Mein Gegenüber blickt mich herausfordernd an. Eine Mischung aus Wut und Pessimismus schlägt mir aus seinem Gesicht entgegen. Langsam, aber stetig merke ich, wie seine Hoffnungslosigkeit auch in mir Raum ergreift. Auch ich bin überfordert von den vielen Bildern und Nachrichten. Krieg und Tote, Klimawandel in seinen Auswirkungen, immer wieder neue Gesetze überfordern auch meine Vorstellungskraft einer gelingenden Zukunft.
Dabei will ich mich nicht als Opfer fühlen. Es ist kein gutes Gefühl. Ich will nicht immer wütend sein. Ich will aber mein Leben selbstbestimmt gestalten können. Mit Hoffnung für mich und meine Frau, meine Kinder und Enkel.
Ich glaube an Gott. Ich gehöre zu den 25% der Bevölkerung in unserem Landkreis, die sich zur evangelischen Kirche halten. Ob mein Gegenüber an Gott glaubt, weiß ich nicht. Es ist eigentlich auch egal. Uns verbindet gerade eher der Pessimismus des Misstrauens in die Zukunft, als die Hoffnung aus Glauben.
Wir kommen beide aus aller unserer Unruhe, aus unserem Alltag. Wir haben so viele Gedanken über das Leben und unsere Welt.
Aber eigentlich wollen wir Ruhe finden, uns neu ausrichten, Kraft für das Kommende schöpfen.
Unsere menschliche Existenz wird bedroht von einer beklemmenden Dunkelheit. Dabei meine ich nicht all die Katastrophen, die uns beschweren. Ich meine die Dunkelheit in uns. Wie finde ich zurück zu jenem Vertrauen, dem der Glaube im Wortsinn entspringt. Der Gegenpart des Glaubens ist nicht das Wissen, sondern das Misstrauen. Auf dem Weg in eine Welt ohne Glauben haben wir viel verloren.
Eine Welt mit Gott glauben, ist zugleich Chance und Verantwortung, unsere Welt nicht in den Kategorien der Zufälle und des Naturrechts zu denken, es überlässt die Welt nicht der Gewalt und dem Recht des Stärkeren.
Den Gemeinsinn, die gemeinsame Geschichte, das, was uns auch über die Grenzen miteinander verbindet, das Verlorene zu suchen, das ist unsere Aufgabe. Wir vergessen oft, dass es Gottes Welt ist, die er geschaffen hat und in der er gegenwärtig ist. „Kommt her zu mir…“
Wohin soll ich kommen? Vielleicht hilft es, mich einfach einmal in eine Kirche zu setzen. So wie viele das im Urlaub machen. Die Bibel erzählt in vielen Geschichten von der Gegenwart Gottes in der Welt. Von Menschen, die von ihm erzählen. Von den heiligen Orten. Jenseits von aller Einfachheit hat das Vertrauen in Gott seine tiefe Wurzel im Zeugnis der Heiligen Schrift. Die Erfahrungen, die dort erzählt werden, lösen meinen fixierten Blick von den Problemen und zeigen, wie Wege gefunden werden können. Wie Gemeinschaft und Vertrauen hilft, Krisen zu bewältigen.
Wer sich dafür öffnet, wer sein Vertrauen in Gott und die Welt nicht verliert, wird neue Erfahrungen machen.
Das wünsche ich auch mir und meinem Gegenüber. Neue Erfahrungen. Vielleicht hilft es, wenn wir miteinander wirklich sprechen. So mit Erzählen und Zuhören. Über Gott und die Welt.